Mit EDNA wird das Bild der Biodiversität schärfer
Analysen der eDNA sind besonders geeignet, Biodiversität in unterschiedlichen Lebensräumen präziser zu erfassen. Am Thünen-Institut wurde dafür nun das „EDNA-Lab“ gestartet. Angesiedelt wird es im Landschaftslabor EiLT.


Käfer, die durchs Gras krabbeln. Fische, die im Meer schwimmen. Vögel, die durch die Luft fliegen. Jedes Lebewesen hinterlässt auf seinem Weg eine unsichtbare Spur, die sogenannte eDNA (environmental DNA). Für die Wissenschaft ist diese Umwelt-DNA hochinteressant. Denn alle Monitorings zur Erfassung der Biodiversität haben Grenzen. So lassen sich mit bewährten Methoden häufig nur einzelne Tierarten nachweisen. Gelingt es Forschenden hingegen, die eDNA sichtbar zu machen, öffnet sich eine neue Wissenswelt.
„Die eDNA macht ein ganzes Ökosystem sichtbar, nicht nur einzelne Tiere oder Pflanzen im System“, sagt Tanja Sanders vom Thünen-Institut für Waldökosysteme, gemeinsam mit Alexa Michel Initiatorin des EDNA-Lab (Establishing eDNA as a tool for biodiversity monitoring and policy advice in landscape laboratories). Vor dem Hintergrund des flächendeckenden Artenschwundes sowohl bei Tieren als auch bei Pflanzen sei dieser ganzheitliche Blick entscheidend, um wissenschaftlich fundiert zu Fragen des Naturschutzes, der Agrar-, Forst- und Fischereipolitik beraten zu können.
Monitorings sind hochspezialisiert
Bisher werden ausgewählte Organismengruppen oder Biotope mit Hilfe von Monitoring näher untersucht. Alle Nachweisverfahren haben jedoch methodische Grenzen. Ein Beispiel: Beim Insektenmonitoring werden mit Bodenfallen keine fliegenden Arten erfasst. Die wiederum erfassen Zeltfallen („Malaise-Fallen“), in denen aber keine Bodenbewohner landen. Erst durch die Kombination verschiedener Methoden werden der Umfang nachweisbarer Arten und damit Aussagekraft und Repräsentativität einer lokalen Stichprobe gesteigert. Die eDNA kann alle Tiere in den unterschiedlichen Ökosystemen sichtbar machen. Noch dazu, ohne ein einziges Insekt fangen zu müssen. Denn die Untersuchung von eDNA ist minimal-invasiv. Mit dem sogenannten „DNA-Metabarcoding“ wird die DNA aller in einer Probe enthaltenen Organismen sequenziert und mit Referenzdatenbanken abgeglichen. So können Gattungen oder Arten bestimmt und deren Vorkommen in dem Lebensraum, aus dem die Probe stammte, nachgewiesen werden.
eDNA ist besonders geeignet zur Erfassung der Artenvielfalt
Die Methode hat sich in den vergangenen Jahren als besonders geeignet erwiesen, um präzise und umfangreiche Informationen zur Artenvielfalt zu erfassen. Auch am Thünen-Institut hat die Entwicklung von eDNA-basierten Methoden deutlich zugenommen: Am Institut für Biodiversität werden beim Wildbienen-Monitoring in Agrarlandschaften eDNA-Spuren aus Nisthilfen analysiert. Am Institut für Waldökosysteme wurde eine Pilotstudie im Niederschlagswasser unter Baumkronen und in Kooperation mit dem Institut für Forstgenetik zu eDNA in Baum-Mikrohabitaten durchgeführt. Am Institut für Fischereiökologie wurde bereits zur Bestimmung der Artenvielfalt im Meerwasser geforscht. Und am Institut für Forstgenetik wurde durch die Analyse von DNA-Resten der verzehrten Nahrung im Wolfskot eine große Vielfalt an Beutetieren des Wolfes nachgewiesen. Im Landschaftslabor EiLT in Trenthorst werden diese Ansätze nun mit Hilfe des EDNA-Lab stärker vernetzt und Fragestellungen interdisziplinär bearbeitet. Die eDNA-basierte Biodiversitätserfassung in Offenland und Wald wird weiterentwickelt und etabliert. Dafür werden in Trenthorst neue Mess- und Beobachtungspunkte angelegt. Sie bilden die Grundlage für Dauerbeprobungen, die wiederum benötigt werden, um langfristige Effekte von biodiversitätsfördernden Maßnahmen untersuchen zu können.
Was wird untersucht?
Die Messpunkte auf der EiLT-Untersuchungsfläche sollen sowohl Wald als auch Offenland repräsentativ abdecken. Es werden unterschiedliche eDNA-Substrate gesammelt. Dafür kommen Niederschlagssammler, Stammabfluss-Sammler, Streufallsammler und Pollenfallen zum Einsatz. Zusätzlich werden Mulm (organisches Material in Baumhöhlen) und Blüten per Hand entnommen. Im Wald werden Proben von Niederschlag, Stammabfluss, Mulm (Pflanzenreste im Boden), Blätter, Fraßspuren und Pollen untersucht. Im Offenland liegt der Fokus auf Blüten und Bestäuber-Insekten. Im Wald werden vor allem Insekten (Schädlinge und Nützlinge), Kleinsäuger und Vögel untersucht.

Kontakt:
Dr. Tanja Sanders
Thünen-Institut für Waldökosysteme
Telefon: +49 3334 3820 339
E-Mail: tanja.sanders@thuenen.de